Der Weg hin zum automatisierten Fahren

Mit der Verordnung über das automatisierte Fahren, die der Bundesrat am 18. Oktober 2023 in die Vernehmlassung geschickt hat, könnten Autos mit Automatisierungssystemen der Stufen 3 und 4 bald auf unseren Strassen fahren. Nachfolgend eine kurze Erläuterung zu den sechs Stufen der Automatisierung von Fahrzeugen.

Tesla darf sich rühmen, der Elektromobilität den technologischen Schub verliehen zu haben und zu zeigen wie Software in Fahrzeugen geht. Doch in Bezug auf Automatisierung hat sich Tesla einige Probleme eingehandelt: wegen tödlichen Unfällen mit dem von Tesla so genannten «Autopilot» und dem «vollen Potenzial für autonomes Fahren» hat die US-amerikanische Sicherheitsbehörde für Autobahnen (NHTSA) Untersuchungen gestartet. Das Thema hat sogar Einzug in die breitere Literatur gehalten. Einige Fahrerinnen und Fahrer scheinen vom Begriff «volles Potenzial für autonomes Fahren» so beeindruckt gewesen zu sein, dass sie das Fahren ganz dem Fahrzeug überlassen haben – mit fatalen Folgen. Dabei besitzen heutige handelsübliche Fahrzeuge bestenfalls Fahrautomatisierungssysteme der Stufe 2, so auch Tesla.

Fahrautomatisierungssysteme? Stufe 2?

Missverständnisse können mit einer gemeinsamen Sprache, mit Normen verhindert werden. Eine solche ist SAE J3016, die der Bundesrat schon 2016 in seinem Bericht zu automatisiertem Fahren auf eine parlamentarische Anfrage hin referenziert hat. Die Norm legt 6 Automatisierungsstufen fest:

  • Stufe 0 : Nicht automatisiert
  • Stufe 1: Assistiert: Steuern wie Spurhaltung oder Beschleunigen/Bremsen wie Tempomat
  • Stufe 2: Teilautomatisiert: Steuern und Beschleunigen/Bremsen wie Abstandshaltung zum nächsten Fahrzeug samt Spurhaltung
  • Stufe 3: Bedingt automatisiert: Das System übernimmt in gewissen Situation alle Fahraufgaben, muss Probleme selber erkennen und den Fahrerinnen und Fahrer rechtzeitig zum Übernehmen auffordern. Beispiel Autobahnpilot.
  • Stufe 4: Hochautomatisiert: Das System übernimmt in gewissen Situation alle Fahraufgaben, muss bei Problemen das Fahrzeug so aus dem Verkehr fahren, dass es keine imminente Gefahr mehr darstellt. Beispiel automatisierte Buslinie. 
  • Stufe 5: Vollautomatisiert: Wie 4, aber das System kann alle Situationen wie ein Mensch beherrschen.

In der Schweiz sind nur Fahrzeuge bis Stufe 2 zugelassen. Mit der Revision des SVG sind zukünftig Fahrzeuge bis Stufe 4 möglich. Hingegen hat das ASTRA schon 16 Versuche bis Stufe 4 bewilligt. Derzeit hat einzig ein Modell von Mercedes eine Zulassung für Stufe 3 in Deutschland und in den USA für Fahrten auf Autobahnen bis maximal 60 km/h (Drive Pilot). Leider ist verwirrlich, dass Mercedes sein Stufe-3-System als «hochautomatisiert» vermarktet entsprechend der Terminologie des deutschen Verbandes der Automobilindustrie (VDA).

SAE empfiehlt, nicht von «automatisierten Fahrzeugen» zu sprechen, sondern von «Fahrzeugen mit Fahrautomatisierungssystemen», weil ein Fahrzeug je nach Benutzung in verschiedenen Stufen funktionieren kann. Und auf «autonom» zu verzichten, weil diese Fahrautomatisierungssysteme immer von aussen beeinflusst werden, beispielsweise um die Fahrzeuge zu steuern. Die EU spricht darum von vernetzter, kooperativer und automatisierter Mobilität (CCAM).

Und Assistenzsysteme?

Nach der Definition von SAE müssen Fahrautomatisierungssysteme eine Fahraufgabe durchgängig durchführen, also beispielsweise in einem Stau Kolonne fahren wie der Drive Pilot. Assistenzsysteme hingegen übernehmen punktuelle Aufgaben, meisten in sicherheitsrelevanten Fällen. Dazu gehört das bekannte ABS oder aber auch eine Müdigkeitsüberwachung per Kamera. Letzteres ist Teil des Drive Pilot von Mercedes. Assistenzsysteme können also für Fahrautomatisierungssystemen wichtige Funktionen beisteuern. Ein Schönheitsfehler von SAE ist, dass Stufe 1 assistiert heisst, aber eben kein Assistenzsystem sondern ein Fahrautomatisierungssystem ist.

Was bleibt?

Automatisierte Mobilität hat grosses Potential. Missverständnisse können es verzögern, wenn nicht gar zerstören. Darum ist eine gemeinsame Sprache zwingend. Über die Norm SAE J3016 kann in Grenzen diskutiert werden, sie hilft aber sicherzustellen, dass alle vom Gleichen reden.

8 Kommentare zu “Der Weg hin zum automatisierten Fahren”

  1. Hallo Herr Riederer

    Wie ihnen sicher bekannt sein dürfte, wurden jegliche Vorwürfe gegenüber Tesla von der NHTSA abgewiesen.
    Ihre anfängliche Behauptung, das FSD sei ein Stufe 2 System, ist nicht korrekt. Das System von Tesla ist das einzige auf dem Markt, welches überhaupt im Stande ist, längere und unbekannte Strecken selbstständig zu bewältigen. Die Gesamtverantwortung liegt jedoch nach wie vor beim Fahrer und übergibt die Kontrolle an diesen, was somit Stufe 3 entspricht.

    Leider ist aufgrund politischer Laien-Vorgaben die Technik hierzulande sowie im EU-Raum durch die UNECE so stark eingeschränkt, dass sie nicht dem aktuellen Stand der Entwicklung betrifft. Ich wünschte mir persönlich, unsere Politik wäre schlauer und würde die Einsicht gewinnen, dass eine solche Entwicklung weitaus positiveren Einfluss auf Verkehrssicherheit und auch Umwelt hat. Leider scheint aber auch hier die deutsche Autolobby aktiv zu sein, wenn ich ihren Text korrekt interpretiere.

    Denken sie doch das nächste Mal daran, wenn ihnen im Feierabendverkehr ungeduldig gestresste Fahrer mit nicht eingehaltenem Mindestabstand nötigend am Heck hängen. FSD macht sowas nicht. Schauen sie sich aktuelle Beiträge zu FSD 11.4+ oder 12 auf Youtube an.

    Beste Grüsse

    1. Markus Riederer

      Haben die Fahrer die Gesamtverantwortung, so liegt nach Definition von SAE J3016 ein Automatisierungssystem der Stufe 2 vor. Stufe-3-Systeme übernehmen in gewissen Situation alle Fahraufgaben und somit auch die Verantwortung. Zudem muss das System Probleme selber erkennen können, um die Fahrer rechtzeitig zum Übernehmen aufzufordern. Erst dann sind die Fahrer wieder in der Verantwortung.

        1. „Rückruf“… lieber Herr Riederer, das ist ein Softwareupdate, welches bereits ausgerollt wurde.
          Studieren Sie mal die veröffentlichten Unfall- und Verkehrsdaten pro Millionen km in den USA. Da ist Tesla führend und danach folgt lange nichts.

          Mir scheint fast, als möchten Sie zukünftig sichereren Verkehr verhindern, anstatt zukunftsgerichtet denken. Oder fahren wirklich Sie ein deutsches Auto?

          Im übrigen wäre ich froh, wenn sie meine Antworten nicht mehr zensieren würde. Ich habe das Recht, kritisch zu sein und solche Fragen zu Stellen, die Schweiz ist zum Glück keine Diktatur. Oder?

          1. Markus Riederer

            Guten Tag Christian
            Ich habe Ihre Antworten nicht zensiert, sondern mit belastbaren Fakten kommentiert.
            Wir sind an sicherem und zukunftsgerichtetem Verkehr interessiert und bewilligen deshalb seit 2015 Versuche zu automatisiertem Fahren. Damit haben wir die Akzeptanz in der Bevölkerung stetig erhöhen können. Im weiteren besitzt die Schweiz mit dem revidierten Strassenverkehrsgesetz (SVG, Art. 25a ff) eine solide Grundlage, um automatisiertes Fahren regulär erlauben zu können. Die Vernehmlassung zu den Ausführungsbestimmungen läuft derzeit.

  2. Ich wollte mit Ihnen über die aktuellen Entwicklungen im Bereich des Autonomen Fahrens sprechen, insbesondere im Zusammenhang mit den Fortschritten bei Tesla und deren jüngster Version 12.3, die auf künstlicher Intelligenz und neuronalen Netzen basiert.

    Es ist faszinierend zu sehen, wie sich die Technologie entwickelt und immer mehr Möglichkeiten bietet. Allerdings möchte ich auch auf ein Hindernis hinweisen, das sich in unserer spezifischen Situation ergibt: Unsere derzeitigen rechtlichen Bestimmungen erlauben es nicht, dass das Autonome Fahrsystem eigenständig bestimmte Handlungen wie das Blinken oder das Ausführen von Abbiegevorgängen durchführt. Stattdessen müssen solche Aktionen vom Fahrer bestätigt und initiiert werden.

    Diese Einschränkung stellt zweifellos eine Herausforderung dar, da sie das volle Potenzial der Technologie begrenzt. Es könnte uns davon abhalten, die Vorteile einer effizienteren und sichereren Fahrerfahrung voll auszuschöpfen. Ich sehe hier klar eine Blockade, die uns daran hindert, die Technologie in vollem Umfang zu nutzen und von ihren möglichen Verbesserungen zu profitieren.

    Die Frage, die sich uns stellt, ist: Gibt es eine Lösung für dieses Problem? Können wir Wege finden, um die gesetzlichen Rahmenbedingungen anzupassen oder das technologische System so anzupassen, dass es mit den bestehenden Vorschriften in Einklang gebracht werden kann? Ich denke, es ist wichtig, diese Fragen zu diskutieren und nach möglichen Lösungen zu suchen, um das volle Potenzial des Autonomen Fahrens zu erschließen, während gleichzeitig die Sicherheit und Einhaltung der Vorschriften gewährleistet werden.

    Ich würde mich freuen, Ihre Gedanken zu diesem Thema zu hören und gemeinsam mögliche Lösungsansätze zu erörtern.

    1. Markus Riederer

      Guten Tag Herr Jetzer
      Auch mit der neuen Softwareversion bietet Tesla erst ein Automatisierungssystem der Stufe 2 an. Somit müssen die Fahrer weiterhin das Fahrzeug überwachen. Demzufolge müssen Handlungen noch immer initiiert oder bestätigt werden. Mit der Revision des Strassenverkehrsgesetzes SVG von 2023 liegen die Grundlagen vor, Automatisierungssysteme bis Stufe 4 zu ermöglichen, womit in gewissen Situationen auf Interventionen der Fahrer verzichtet werden kann. Derzeit arbeitet das ASTRA dazu die Ausführungsbestimmungen aus. Sind sie in Kraft und erfüllt ein Autohersteller sie, so sind Fahrzeuge mit Automatisierungssystem bis Stufe 4 möglich.

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