Mit Vollgas zu mehr Sicherheit auf den Strassen

Verstärkte Ausbildung, korrekte Nutzung von Fahrassistenzsystemen und Schutz der schwächsten Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer: Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) verfolgt mehrere Stossrichtungen, um die Anzahl der Verkehrstoten bis ins Jahr 2030 auf 100 zu reduzieren und damit sein ehrgeiziges Ziel zu erreichen.

Die Anstrengungen für mehr Verkehrssicherheit dürfen nicht nachlassen. Trotz rückläufiger Unfallzahlen im ersten Halbjahr 2023 scheint das Ziel von nicht mehr als 100 Verkehrstoten bis 2030 noch weit entfernt. Seit 2012 verlieren immer noch jedes Jahr zwischen 200 und 250 Menschen bei Strassenverkehrsunfällen ihr Leben. «Ohne zusätzliche Massnahmen ist dieses Ziel nicht zu erreichen», sagt Lorenzo Cascioni, Vizedirektor des Bundesamts für Strassen (ASTRA) und Chef der Abteilung Strassenverkehr. Der Tessiner lässt sich aber nicht entmutigen, sondern will zunächst dem Problem auf den Grund gehen. «Mit der Zunahme des Verkehrs steigt gleichzeitig auch das Risiko, zu verunfallen», hält der ASTRA-Vizedirektor einleitend fest.

Die jährlichen Unfallzahlen werfen ein schlechtes Licht auf bestimmte neue Mobilitätsformen. E-Bikes und E-Trottinette «boomen» – leider auch in den Unfallstatistiken. «Wir stellen fest, dass die Lenkenden dieser Fahrzeugtypen die Unfälle, in die sie involviert sind, in 9 von 10 Fällen selbst verursachen», erklärt Cascioni. Viele steigen nämlich auf ihr Elektrovelo oder schnappen sich das E-Trottinett, wenn sie ein Glas mehr als gewöhnlich trinken möchten. Sie glauben, auf diese Weise ihren Führerausweis nicht aufs Spiel zu setzen. Das ist jedoch ein schwerwiegender Irrtum, denn: «Auch wer auf einem Velo oder E-Trottinett unterwegs ist und mit einem Alkoholgehalt über dem gesetzlich zulässigen Grenzwert erwischt wird, verliert den Führerausweis.»

Lorenzo Cascioni, ASTRA-Vizedirektor.

Mit Augenmass strafen

Lorenzo Cascioni sieht auch den Informationsmangel als ein Problem. Und beim Gedanken an die zahlreichen E-Trottinette, die sich zwischen Fussgängerinnen und Fussgängern durchschlängeln, kann man ihm schlecht widersprechen. «Viele E-Trottinettlenkende wissen nicht, dass sie nicht auf dem Trottoir, sondern auf der Strasse fahren müssen», analysiert er. Dennoch plädiert er dafür, Strafen mit Augenmass einzusetzen. «Vielmehr gilt es, die Ausbildung zu intensivieren, denn die Polizei kann nicht einfach mehr Kontrollen durchführen. Sie verfügt auch nur über beschränkte Mittel.»

Cascioni und seine Mitarbeitenden greifen lieber auf den Hebel des freiwilligen Entgegenkommens zurück. Er und sein Team möchten prüfen, ob die Versicherungsprämien für diejenigen Autolenkerinnen und -lenker gesenkt werden können, die sich weiterbilden. Mit anderen Massnahmen sollen die schwächsten Verkehrsteilnehmenden geschützt werden, etwa Kinder. Wo es keine Radwege gibt, Kinder unter zwölf Jahren mit dem Velo auf dem Trottoir fahren.

Fahrassistenzsysteme, mit denen die modernen Autos ausgerüstet sind, können sich dagegen als ein zweischneidiges Schwert erweisen: Zu viele Autofahrerinnen und Autofahrer sind unaufmerksam, weil sie sich zu sehr auf diese Systeme verlassen. «Neulenkende sollten in einer Schulung lernen, wie sie die Hilfen einsetzen können,» betont Lorenzo Cascioni. «Auch Seniorinnen und Senioren müssen sich mit der Bedienung der Fahrhilfen vertraut machen können.» Richtig eingesetzt kann die Technik nämlich entscheidend dabei helfen, Unsicherheiten im Strassenverkehr abzubauen. Demnach weckt der Vormarsch des automatisierten Fahrens, «das bestimmte menschliche Fehler korrigieren wird», grosse Hoffnungen. Mit der Revision des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) hat das Parlament die rechtlichen Grundlagen für das automatisierte Fahren geschaffen. Ab wann sich die notwendige Technologie jedoch breitflächig durchsetzen wird, ist schwierig vorherzusagen, denn sie ist noch lange nicht ausgereift. Das ASTRA wird deshalb auf die guten alten Methoden – Sensibilisierung, Ausbildung und, falls nötig, Sanktionen – zurückgreifen, um die Zahl der Todesopfer bei Verkehrsunfällen bis ins Jahr 2030 auf 100 senken.

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