Galileo: Präzise Lokalisierung dank europäischem Navigationssystem

Bild ESA – P. Carril

Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) vertritt die Interessen der Schweiz in Bezug auf das europäische Satellitennavigationssystem Galileo. Im Vergleich zu seinem US-amerikanischen Pendant, dem Global Positioning System (GPS), ist dieses sicherer und präziser.

Nein, Galileo sei kein GPS, korrigiert uns Tanja Friederich, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Koordinatorin des Galileo-Programms beim ASTRA, gleich zu Beginn. «Galileo ist ein Global Navigation Satellite System (GNSS), ein globales Navigationssatellitensystem. Auch das amerikanische GPS, das russische Glonass und das chinesische Beidou sind GNSS», betont sie. Wir sind in der Tat in die Falle getappt: Genauso wie «Tempo» als Synonym für ein Papiertaschentuch oder «Kärcher» allgemein für einen Hochdruckreiniger verwendet werden, ist «GPS» zur gängigen Bezeichnung für ein globales Geolokalisierungssystem in Echtzeit geworden. Wie so oft hat sich auch hier der Name eines Vorreitersystems durchgesetzt: GPS-Satelliten kreisten nämlich bereits in den 1970er-Jahren zum ersten Mal um die Erde. In Betrieb genommen wurde das System dann 1994.

Deutlich später lancierte Europa über die Europäische Weltraumorganisation (ESA) sein eigenes GNSS. Erst 2016 bot Galileo die ersten Dienste an, als seine Satelliten damit begannen, vom Weltraum aus die Erdoberfläche zu scannen. «Strategisch, wirtschaftlich und politisch gesehen ist es äusserst wichtig, über ein eigenes Navigationssystem zu verfügen», erklärt Tanja Friederich. «Denn wir sind nicht sicher, ob das amerikanische GPS im Krisenfall noch verfügbar ist. Mit einem eigenen System gewinnt Europa an Souveränität und Unabhängigkeit.»

Vier Milliarden Geräte

Seither hat sich das System des alten Kontinents rasant entwickelt: Heute nutzen etwa vier Milliarden Geräte die Dienste von Galileo – etwas, das der breiten Öffentlichkeit nicht bewusst ist. Mehr als 600 Smartphone-Modelle sind nämlich mit dem europäischen System kompatibel. Das Notrufsystem eCall, das für alle ab dem 31. März 2018 neu zugelassenen Fahrzeugtypen obligatorisch ist, stützt sich ebenfalls auf Signale der Galileo-Satelliten, um die Rettungskräfte bei einem Unfall an den richtigen Ort zu lotsen.

Auch in der Zivilluftfahrt ist man in den Bereichen Flugsicherung und Flugverkehrsmanagement darauf angewiesen. Für diese Zwecke muss jedoch die Signalstärke erhöht werden. Hier kommt der europäische geostationäre Navigations-Überlagerungsdienst (EGNOS) ins Spiel. Hinter dieser etwas sperrigen Bezeichnung verbirgt sich ein Netz von Bodenstationen in Europa und Nordafrika, die die Präzision der von den Navigationssatelliten ausgesandten Signale noch verbessern.

Bild ESA – J.Huart

Auf den Dezimeter genau

Das europäische System hat aber nicht nur aufgeholt, sondern seinen amerikanischen Bruder in einigen Punkten sogar übertroffen. «Galileo bietet eine Genauigkeit von 20 cm; das ist einzigartig», versichert Tanja Friederich. Galileo soll darüber hinaus ein besonders robustes und widerstandsfähiges System sein, das namentlich Angriffen – etwa der Verfälschung von Ortsdaten oder der Störung des Signals – standhalten soll.

Diese hohe Resilienz von Galileo ist unverzichtbar für sensible Anwendungszwecke, die ein stabiles, nicht hackbares Signal erfordern. Dabei geht es in erster Linie um die Nutzung durch das Militär. Aber auch alle Blaulichtorganisationen wie Feuerwehr, Sanität, humanitäre Hilfe, Polizei und Küstenwache sind darauf angewiesen, jederzeit ein qualitativ hochwertiges Signal zu empfangen. «Es könnte in Zukunft vermehrt zu Störungen von GNSS-Signalen kommen, vor allem an Orten, die von einer Krise wie einem Krieg betroffen sind», sagt Tanja Friederich. «Aus diesem Grund wird die Widerstandsfähigkeit des Systems immer wichtiger. Die Benutzenden, seien es Privatpersonen, Unternehmen oder Rettungsdienste, müssen sich rund um die Uhr auf eine hohe Signalqualität verlassen können.»

Das ASTRA als logischer Partner

Da diese Dienste auch hierzulande von zentraler Bedeutung sind, ist die Schweiz Mitglied des für Galileo und EGNOS zuständigen EU-Ausschusses. Das ASTRA vertritt die Interessen des Bundes in diesen Ausschüssen. Dass diese Aufgabe ausgerechnet dem ASTRA übertragen worden ist, mag auf den ersten Blick verwundern. Aber wenn man bedenkt, dass die Navigation auf der Strasse zu den Hauptanwendungsbereichen von Galileo gehört, wird klar, dass das ASTRA über das «richtige Profil» verfügt. Mit dem Aufkommen des automatisierten Fahrens wird dieser Aspekt im Übrigen noch an Bedeutung gewinnen, denn fahrerlose Fahrzeuge benötigen eine äusserst präzise Positionierung im Verkehr. Sie brauchen also quasi einen Partner, der für sie die Strasse ganz genau und höchst zuverlässig vom Weltall aus unter die Lupe nimmt.

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