«Wir müssen auch das Unvorstellbare in Betracht ziehen»

Die bei den Unwettern im Juni beschädigte Autobahn A13 wird demnächst wieder uneingeschränkt vierspurig befahrbar sein. Wir blicken mit Marco Fioroni, Leiter der ASTRA-Filiale Bellinzona, auf die Ereignisse zurück.

Die Natur ist unberechenbar, das weiss Marco Fioroni nur zu gut. Der Leiter der Filiale Bellinzona des Bundesamts für Strassen (ASTRA) blickt auf ereignisreiche Wochen zurück: Ende Juni trat nach starken Niederschlägen der Fluss Moesa über die Ufer und verursachte an der Autobahn A13 zwischen Lostallo und Mesocco auf einer Strecke von 200 Metern grosse Schäden. Zusammen mit den Experten und Partnern des ASTRA war Marco Fioroni als einer der ersten vor Ort, um sich ein Bild der Lage zu machen.

Nach mehr als zwei Monaten intensiver Bauarbeiten und einem provisorischen einspurigen Betrieb seit dem 5. Juli kann die A13 demnächst wieder uneingeschränkt für den Verkehr freigegeben werden – eine grosse Erleichterung für Marco Fioroni. Wir blicken mit ihm auf die anstrengenden Wochen zurück.

Am Freitag, dem 21. Juni, ist die Moesa über die Ufer getreten und hat einen Teil der Autobahn zerstört. Was war Ihre erste Reaktion beim Anblick der Schäden?

Mein erster Gedanke war: Wie konnte so etwas überhaupt passieren? Aber unmittelbar danach begann ich mir zu überlegen, wie wir die Autobahn möglichst rasch wieder befahrbar machen können. Wir wussten ja, dass die Ferien vor der Tür standen und viele Menschen in den Süden reisen würden.

Marco Fioroni, Leiter der ASTRA-Filiale Bellinzona

Welches war Ihre grösste Sorge?

Zunächst war nicht klar, ob es Verletzte oder Vermisste gab. Als ich erfuhr, dass dies nicht der Fall war, fiel mir ein Stein vom Herzen. Auch dass die Brücke Buffalora keine grossen Schäden erlitten hatte, war eine grosse Erleichterung. So konnten wir die Achse relativ rasch wieder für den Verkehr freigeben.

Wie geht man mit einer so enormen Arbeitslast und derart grossem Druck um?

Man darf sich nicht überwältigen lassen. Man muss vielmehr Ruhe bewahren und sich vor Augen halten, dass mit der Zeit jedes Problem gelöst werden kann. Der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen sowie mit kompetenten externen Unternehmen hilft, Herausforderungen entschlossen und zuversichtlich anzugehen.

Demnächst kann die A13 wieder in beiden Richtungen zweispurig befahren werden. Welches war die grösste Herausforderung?

Am Anfang war es schwierig, einen Gesamtüberblick zu erhalten und eine geeignete und effiziente Organisation aufzubauen, die eine schnelle Wiedereröffnung der Autobahn ermöglichen würde. Und nachdem die Euphorie über die provisorische Wiedereröffnung abgeklungen war (Anm. d. Red.: Am 5. Juli konnte eine Fahrspur pro Richtung dem Verkehr übergeben werden.), galt es, die Motivation für die Instandsetzung der zweiten Fahrbahn hochzuhalten.

Nach mehr als zwei Monaten intensiver Bauarbeiten kann die A13 demnächst wieder uneingeschränkt für den Verkehr freigegeben werden.

Was haben Sie unternommen, um die Autobahn möglichst gut vor Naturgefahren zu schützen?

Die Böschung hinunter zum Fluss wurde mit zyklopischen Steinblöcken verstärkt. Entlang der Fahrbahn wurde eine eineinhalb bis zwei Meter hohe Schutzmauer errichtet. Und schliesslich wurden die Flussbetten der Moesa und des Wildbachs aus dem Val d’Orbel vollständig ausgebaggert, um die Abflusskapazität zu maximieren.

Warum hat es bis zur vollständigen Wiedereröffnung der Autobahn ganze zwei Monate gedauert, nachdem bereits nach zwei Wochen ein Fahrstreifen je Richtung wieder verfügbar war?

Die Wiederinbetriebnahme mit einer Fahrspur pro Richtung war ein Provisorium, bei welchem wir die Sicherheit permanent überwachen mussten. Die vollständige Wiedereröffnung ist definitiv und macht dieses Überwachungsmassnahme überflüssig.

Hat man die Wiederinstandsetzung «genutzt», um Unterhalts- oder andere Arbeiten auf diesem Abschnitt vorzuziehen?

Die Arbeiten zur Wiederinstandsetzung waren so umfangreich, dass die Unternehmen der Region keine freien Kapazitäten mehr hatten. Ausserdem waren die Kosten dafür nicht eingeplant, und es konnten keine zusätzlichen Massnahmen finanziert werden. Immerhin konnten wir in der Zeit, als die Autobahn vollständig gesperrt war, die Arbeitszonen maximal ausdehnen, sodass die Instandsetzung optimal und effizient durchgeführt werden konnte.

Welche Lehren hat man aus dem Ereignis gezogen?

Wir haben gesehen, dass die Natur unberechenbar ist und dass man auch schier unvorstellbare Szenarien in Betracht ziehen muss.

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