Mit Temporeduktionen gegen den stockenden Verkehr
Temporär 80 km/h auf Autobahnen zu Spitzenzeiten sorgt derzeit für Gesprächsstoff. Was nach «langsamer fahren» klingt, hat ein klares Ziel: den Verkehr zu harmonisieren und so Staus zu vermeiden. Wie das funktioniert, zeigt die A3 zwischen Zürich-Wollishofen und Pfäffikon SZ – ein Abschnitt mit aktiver Geschwindigkeitsharmonisierung und Gefahrenwarnung (GHGW).
Im Stau stehen und nichts bewegt sich. Diesen Zustand will das ASTRA möglichst verringern. Die Leistungsfähigkeit der Strecke oder gar eines Netzes sinkt bei Stau:
Verkehrsteilnehmende verlassen die Nationalstrasse und verursachen so Mehrverkehr im nachgelagerten Strassennetz. Deshalb nutzt das ASTRA verschiedene, international anerkannte Methoden zum Lenken, Steuern und Informieren der Verkehrsteilnehmenden, um den Verkehrsfluss entlang einer Strecke flüssig zu halten.
Eine davon ist das verkehrstechnische Konzept der Geschwindigkeitsharmonisierung und Gefahrenwarnung (GHGW). GHGW basiert auf der Theorie des Verkehrsflusses: Ein Autobahnabschnitt erreicht seine maximale Leistungsfähigkeit (Durchsatz von Fahrzeugen) bei einer optimalen Geschwindigkeit der Fahrzeuge zwischen 70 bis 80 km/h. Mit GHGW kann die Autobahn bei dichtem Verkehr somit besser ausgelastet, die Verkehrsfläche besser genutzt und der Verkehr verflüssigt werden.
Der heutige Stand der Technik mit einem zentralen Verkehrsrechner, hinterlegten verkehrstechnischen Algorithmen und kontinuierlicher Liveauswertung der Verkehrssituation macht eine völlig automatische Schaltung nur durch das System möglich, wobei bei Bedarf eingegriffen werden kann.
GHGW bewährt sich
Mit der flexiblen Geschwindigkeitsregelung bewältigen die Verkehrsteilnehmenden bei dichtem Verkehr trotz einer tieferen Höchstgeschwindigkeit ihre Fahrstrecke schneller als bei einer durchgehend zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h. Wichtig dabei ist, dass der Verkehrsteilnehmende die Ursache für die Geschwindigkeitsharmonisierung kennt. Daher werden GHGW immer zusammen umgesetzt (z.B. Signalisierung 80 km/h mit Stauwarnsignal). Bei Normalbetrieb ändert sich auf GHGW-Strecken nichts an der Höchstgeschwindigkeit. Nur bei Bedarf wird diese gesenkt, um den Verkehr flüssig zu halten. Die Steuerung erfolgt verkehrsabhängig, entweder automatisch oder auf Eingabe der Verkehrsmanagementszentrale (VMZ).
Stark frequentierte Strecken bevorzugt
Im Rahmen des Programms Verkehrsmanagement Schweiz wurden anhand von grossräumigen Betrachtungen die für GHGW relevanten Strecken mit regelmässigen hohen Verkehrsbelastungen auf Basis einheitlicher Kriterien identifiziert und entsprechende Projekte lanciert.
Ein «Musterkandidat» ist der 29 Kilometer lange Abschnitt zwischen Zürich-Wollishofen und Pfäffikon SZ auf der A3. Im Durchschnitt passieren täglich mehr als 60 000 Fahrzeuge diese Strecke. Um die Verkehrsqualität und Sicherheit zu erhöhen, wurden deshalb ab 2020 alle nötigen Anlagen zur flexiblen Geschwindigkeitsregelung durch die ASTRA-Filiale Winterthur installiert. Die Anlage ist seit Herbst 2024 in Betrieb. Die Gesamtkosten des Projektes beliefen sich auf 24 Millionen Franken.
Zwischen Zürich-Wollishofen und Pfäffikon SZ wurden rund alle 1000 Meter Signalportale installiert, an denen dynamische Wechselsignale sowie Verkehrskameras und Verkehrszähler angebracht sind. «Diese Anlagenteile helfen, den Verkehrsfluss in Echtzeit zu detektieren, zu analysieren und wenn nötig das System mit einer Geschwindigkeitsreduktion oder einer Gefahrenwarnung eingreifen zu lassen», sagt Rolf Eberle, der für das Projekt von Seiten der ASTRA-Filiale Winterthur zuständig ist. Doch nicht nur darin sieht er einen Vorteil: «Der grosse Nutzen einer GHGW liegt darin, dass die zur Verfügung stehende Verkehrsfläche noch besser ausgelastet wird». In Zeiten, in denen der Platz auch auf den Nationalstrassen immer begrenzter wird und ein Ausbau nicht immer möglich ist, müssen bestehende Verkehrsflächen optimal genutzt werden.
Diese Vorgabe ist Teil der Amtsstrategie des ASTRA, die unter anderem das Ziel verfolgt, bis 2030 die Anzahl jährlicher Staustunden gegenüber 2015 um einen Viertel zu reduzieren. Dazu soll die GHGW auf der A3 ihren Teil beisteuern: «Den Autobahnabschnitt zu entlasten und damit für weniger Staustunden zu sorgen ist unser oberstes Ziel» so Eberle.
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