Immer mehr Unfälle im Langsamverkehr: Woran liegt das?

@ diana grytsku / Freepik

Der Langsamverkehr erfreut sich in der Schweiz immer grösserer Beliebtheit. Leider steigen gleichzeitig auch die Unfallzahlen seit Jahren an. Das ASTRA hat das Unfallgeschehen analysiert. Einen Einblick in diese Analyse erhalten Sie in diesem Blogbeitrag.

Der Langsamverkehr (LV) ist einer der zentralen Pfeiler des Personenverkehrs. Aufgrund seiner zahlreichen Vorteile fördert das ASTRA den LV aktiv und unterstützt die Kantone bspw. bei der Planung ihres Velowegnetzes. Mit der steigenden Nutzung des LVs steigen leider auch die Unfallzahlen. Um sich ein besseres Bild über das Unfallgeschehen zu machen, hat das ASTRA einen Analysebericht zu den Unfällen im LV (Velos, E-Bikes, E-Trottinette, fahrzeugähnliche Geräte und den Fussverkehr) erarbeitet. In einem Interview gibt Aline Wultschnig, Projektleiterin und Stv. Fachbereichsleiterin für statistische Analysen und Informationsprodukte beim ASTRA, Einblicke in den vorliegenden Bericht:

Wie haben sich die Zahlen über den untersuchten Zeitraum entwickelt?

Im untersuchten Zeitraum wurden im Jahresschnitt 6935 Personen im LV verletzt oder getötet. Dies entspricht rund 32 % aller Verunfallten im Strassenverkehr. Gar 45 % beträgt der Anteil des LVs an allen Schwerverletzten und Getöteten. Die Zahl der Verunfallten im LV stieg von 2013-2022 um insgesamt 39 %. Den grössten Anstieg gab es bei E-Bikes und E-Trottinette, bei den anderen Verkehrsformen blieben die Werte auf zum Teil hohem Niveau.

Was waren die Hauptursachen bei Unfällen mit Teilnehmenden im LV?

Mit Ausnahme des Fussverkehrs verursachten die LV-Teilnehmenden die Unfälle häufig selbst. Selbstunfälle ohne weitere Beteiligte sind keine Seltenheit. Die Einwirkung von Alkohol spielt hier eine grosse Rolle; gerade bei Unfällen von E-Trottinett-Fahrenden sind mehr als ein Drittel darauf zurückzuführen. Bei Kollisionen mit zwei Beteiligten sind sehr häufig Personenwagen involviert; sie sind dabei häufiger die Hauptverursachenden dieser Unfälle. In Unfällen, in denen die verunfallten Personen im LV nicht die Hauptverursachenden waren, sind die Hauptursachen häufig das Missachten des Vortrittsignals oder das Nichtgewähren des Vortritts.

Welche Ergebnisse der Analyse liessen aufhorchen?

Für mich überraschend war der grosse Anteil an verletzten und getöteten Personen im LV im Vergleich zum gesamten Unfallgeschehen. Gerade wenn man bedenkt, dass viele Unfälle im LV nicht gemeldet werden und die Dunkelziffer daher hoch sein dürfte. Ältere Verkehrsteilnehmende verunfallten zudem überproportional häufig schwer oder tödlich. Dieser Anstieg nach Alter zeigt sich bei jeder Art der Verkehrsteilnahme im LV. Ausserdem bemerkenswert ist der Fakt, dass über 87 % der Unfälle mit Beteiligung des LV innerorts geschahen.

Welche Erkenntnisse können aus der Analyse gezogen werden?

Unsere Analyse deutet darauf hin, dass das Unfallgeschehen häufig von der Exposition getrieben wird. Das bedeutet, dass die steigende Nutzung von z.B. E-Bikes auch einen Anstieg der Verunfallten mit diesem Verkehrsmittel zur Folge haben. Im Detail lässt sich dies aber nicht immer pauschal so sagen. Es liegt zum Beispiel nicht an der steigenden Beliebtheit, dass im LV besonders viele Personen schwerverletzt oder getötet werden oder dass unter Einfluss von Alkohol gefahren wird. Bei der Veränderung der Unfallzahlen handelt es sich um ein komplexes Zusammenspiel der involvierten Personen und Fahrzeuge, der Infrastruktur und anderen situativen Einflussfaktoren.

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