Die Nacht der Arbeit
Die Autobahnen sind für die Mobilität in der Schweiz unentbehrlich. Sie müssen unterhalten und betrieben werden. Dafür arbeiten täglich hunderte Mitarbeitende der Gebietseinheiten, Tag und Nacht. Einer von ihnen ist Benjamin Gloor.
Es ist kurz vor neun Uhr abends. Während vielerorts das Nachtessen vorbei und der Abwasch erledigt ist, geht für Benjamin Gloor die Arbeit erst los. Als Mitarbeiter der NSNW AG, die im Auftrag des Bundesamts für Strassen ASTRA den Unterhalt auf den Nationalstrassen ausführt, arbeitet «Benu» zu allen möglichen Tages- und Nachtzeiten. Im Bereitschaftsraum im Werkhof in Schafisheim wird es langsam orange. Die leuchtenden Schutzkleider des Teams künden den bevorstehenden Einsatz an. Ein Teil der Mannschaft ist bereits unterwegs. Sie bereiten die Sperrung für die Arbeiten vor. Ihr Ziel: der Tunnel Neuenhof auf der A1 bei Baden. In dieser Nacht steht die Reinigung des Tunnels auf dem Programm.

Benjamin Gloor
Einsatz im Tunnel statt im Grünen
Benjamin Gloor muss nicht als Erster los. Der 42-Jährige ist zur Wäsche der Tunnelsignale eingeteilt. Er arbeitet noch am Computer und trinkt einen Kaffee. «Eigentlich bin ich bei der NSNW in der Grünpflege», erzählt er und lacht, «im Sommer mähen, im Winter holzen, so könnte man den Job beschreiben.» In der Zwischensaison, wie jetzt im April, steht in der Grünpflege jedoch wenig Arbeit an, ganz im Gegensatz zu den Tunnelreinigungen. Da diese viel Personal benötigen, muss der stämmige «Büezer» in dieser Zeit in den Tunneln mithelfen. Eine Arbeit, die in der Nacht stattfindet, um die Auswirkungen auf den Verkehr so gering wie möglich zu halten.
Auswirkungen hat diese Planung jedoch auf «Benu» und seine Arbeitskollegen. Denn Nachtschichten bedeuten nicht nur einen markanten Rhythmuswechsel, sondern auch eine Umstellung im Privatleben. «Ich habe zum Glück keine Probleme mit dem Rhythmuswechsel, ich schlafe jeweils vor der Schicht noch zwei bis drei Stunden.» Auch seine Familie trage seinen Beruf sehr gut mit. Der zweifache Familienvater kann der Nachtarbeit sogar etwas Gutes abgewinnen: «Wenn ich in der Nacht arbeite und am Morgen schlafe, dann habe ich dafür am Nachmittag auch mal Zeit für meine Kinder. Das können auch nicht alle.»
Angst? Nein, aber Vorsicht!
Es ist eine angenehme Ruhe und Zuversicht, die Benjamin Gloor ausstrahlt. Und dies in einem Beruf, der gerade wegen seiner Arbeitszeiten und seinem Umfeld nicht allen liegen würde. Auf die Frage, ob er sich bei der Arbeit auf und an der Autobahn oft Gedanken um seine Sicherheit mache, folgt ein schnelles und klares Nein. Dennoch bezeichnet «Benu» den Beruf als gefährlich. «Wenn Du ständig Angst hast und in deiner Arbeitsmaschine ständig in den Rückspiegel schaust, weil dir jemand hinten reinfahren könnte, dann gehst du kaputt», sagt er und fügt an: «Ich vertraue auf die umfangreichen Sicherheitsmassnahmen, die wir treffen. Der Respekt davor, dass etwas passieren kann, motiviert alle, diese wichtigen Regeln stets einzuhalten.»
Seinen Optimismus und vor allem seine Ruhe kann er auch an diesem Abend brauchen. Zehn Lastwagen und diverse weitere Fahrzeuge haben sich auf dem Kontrollplatz in der Verzweigung Birrfeld gesammelt. Auch das Vordetachement für die Sperrung ist noch da. Es gab einen Unfall auf der A1, darum konnte die Sperrung des Tunnels Neuenhof nicht wie geplant um zehn Uhr starten. Anderthalb Stunden wartet der orange Tross auf dem Platz, bis die Tunnelröhre Richtung Zürich endlich gesperrt ist. «Das kommt vor, es ist halt nicht immer alles planbar», sagt «Benu» lapidar und steigt in seinen Lastwagen.
Eine gut organisierte Ameisenkolonie
Einmal im Tunnel angekommen, wird deutlich, dass ein eingespieltes Team am Werk ist. Das rund 30-köpfige Team der NSNW funktioniert wie eine gut organisierte Ameisenkolonie. Alle Lastwagen, Reinigungsmaschinen und Begleitfahrzeuge sind im Nu an ihrem Ausgangspunkt und beginnen mit der Tunnelwäsche. Für einen Laien ist es schwierig, im Dunst der Gischt aller Putzmaschinen den Überblick zu behalten. Nicht so für «Benu». Er kennt seine Aufgabe und Handgriffe und die Tunnelsignale sind rasch und rechtzeitig wieder sauber – trotz anfänglicher Verspätung.
Denn um fünf Uhr morgens muss die Autobahn im Tunnel wieder frei sein, der Morgenverkehr rollt heran. Für Benjamin Gloor ist die Arbeitsnacht zu diesem Zeitpunkt zu Ende. Gegen sechs Uhr kommt er endlich ins Bett. «Am Mittag stehe ich dann wieder auf, die Familie lässt mich nach solchen Schichten ausschlafen.» Am Abend geht es dann wieder in die Röhre, dieses Mal in Fahrtrichtung Bern. Vorher aber wird aus dem Büezer «Benu» der Familienmensch und Papi. Es sind Schulferien. Und während der grosse Teil der Bevölkerung am Nachmittag arbeitet, hat Benjamin Gloor Zeit für seine Liebsten. Es ist die schöne Seite an einem Job, der ihm Freude bereitet, aber auch viel fordert.
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